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Im Gespräch mit Christina Höfling

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Zukunftsszenarien im Museum

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Was essen wir 2040?!

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Das BMBF-geförderte Projekt „Kommunikation und Partizipation für die gesellschaftliche Transformation von Bioökonomie (BioKompass)“ beschäftigt sich mit der Frage, wie eine biobasierte Wirtschaft der Zukunft aussehen könnte. Ziel ist es, Chancen und Risiken herauszuarbeiten und den Diskurs zum Thema in die breite Öffentlichkeit zu tragen. Wir haben mit Christina Höfling, Projektkoordinatorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Senckenberg Naturmuseum in Frankfurt a.M. darüber gesprochen, wie dies gelingen kann.
In eurem Projekt BioKompass geht es zunächst ja darum, überhaupt ein gemeinsames Verständnis von einer biobasierten Wirtschaftsweise zu entwickeln. Wir wollen etwas mehr über eure Methoden erfahren, mit denen ihr diese Herausforderung angeht. Erzähl uns doch mal etwas über die Entwicklung von Zukunftsszenarien.
Wir – das heißt federführend das Team vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI – haben die unterschiedlichen Zukunftsbilder für eine biobasierte Welt im Jahr 2040 gemeinsam mit Personen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft entwickelt. In mehreren Zukunftsdialogen sind sie also partizipativ entstanden und es sind vielfältige Meinungen und Ideen eingeflossen. In einem ersten Dialog mit etwa 60 Teilnehmenden wurden unterschiedliche Themenbereiche von Konsum über Wohnen bis zu gesellschaftlichen Fragen besprochen. Diese Ansätze diskutierten und verfeinerten Fachleute in zwei kleineren Zukunftsdialogen. Die konkreten Szenarien, die sich daraus ergaben, wurden in einer großen Runde, zu der auch Jugendliche und Lehrkräfte aus unseren Workshops gehörten, mit Leben gefüllt: Sie entwickelten ganz konkrete, greifbare Geschichten aus den jeweiligen „Welten“.
Und was passiert nun mit diesen Szenarien? Wie werden sie eingesetzt?
Die Szenarien dienen als Grundlage für unsere Formate im Bereich Partizipation und Kommunikation. Dadurch werden sie in die Öffentlichkeit getragen und entwickeln sich immer weiter. Bereits im Projektverlauf setzten sich Jugendliche kreativ mit ihnen auseinander: Sie übertrugen die Szenarien in aufwändige Gesellschaftsspiele und spannende Zukunftscomics. Einen besonderen Stellenwert haben die Szenarien für die Sonderausstellung im Senckenberg Naturmuseum hier in Frankfurt. Drei sehr unterschiedliche Zukunftsvorstellungen einer nachhaltigen Bioökonomie werden immer wieder aufgegriffen und beschrieben – als beispielhafte Exponate und konkrete Beschreibungen aus den jeweiligen Zukünften. Wir möchten so den Raum für individuelle Gedankenspiele schaffen: Wie stelle ich mir mein Leben im Jahr 2040 vor, wenn Nachhaltigkeit und biobasierte Innovationen von großer Bedeutung sind?
Dann geht es in eurem Projekt um Bildungsformate. Welche Rolle spielt denn Bildung für die Transformation unseres Wirtschaftens und welche Formate habt ihr entwickelt, um so ein komplexes Thema für junge Menschen aufzubereiten?
Bildung spielt eine sehr große Rolle, wenn es um solch fundamentale Transformationsprozesse geht. Daher war bei BioKompass die Teilhabe von Jugendlichen von Anfang an zentral. In intensiven Workshops, die über mehrere Tage – oder im Falle der Seminarkurse sogar über ein Schuljahr – gingen, wurde den Jugendlichen viel Verantwortung für den Projektverlauf übertragen. Sie entwickelten eigene Unterrichtseinheiten, planten und organisierten eine Podiumsdiskussion und entwarfen Inhalte der Sonderausstellung. Der direkte Bezug zum eigenen Alltag sowie die Verknüpfung mit relevanten Themen wie Zukunft und Nachhaltigkeit halfen dabei, das sehr komplexe Thema herunterzubrechen. Ganz entscheidend für den Erfolg dieser Kurse war jedoch das große Engagement und die Begeisterung der Jugendlichen, selbst etwas zu gestalten. Es entstand ein Austausch auf Augenhöhe – und auch wir Projektverantwortlichen haben viel gelernt.
Besonders interessant an eurem Projekt finden wir die Kommunikations- und Partizipationsformate im Museumsbereich. Wie sieht das in der Praxis aus und wen erreicht ihr damit?
Über die Ausstellung im Naturmuseum und begleitende Veranstaltungen erreichen wir ein sehr diverses Publikum von Schulklassen über Familien bis hin zu Reisegruppen. Unter diesen Menschen sind viele, die sich bereits mit Themen wie Nachhaltigkeit und Umweltschutz auseinandergesetzt haben, für die Bioökonomie aber noch kein Begriff ist. Auf der einen Seite soll die Ausstellung also über Chancen und Risiken dieser Wirtschaftsform informieren – auf der anderen Seite möchten wir die Expertise der Menschen mit einbeziehen. Wir bieten unterschiedliche Möglichkeiten zur Teilhabe und zum Austausch. Und wir merken, dass diese Angebote zur kritischen und reflektierten Diskussion genutzt werden. Dadurch wird das Museum zum Ort des Dialogs und des Diskurses, was wir sehr unterstützen. Hoffentlich trägt es dazu bei, die Thematik weiter in die Öffentlichkeit zu bringen – aus dem Museum hinaus in den Alltag. Um dies zu überprüfen, evaluieren wir die Ausstellung und unsere Bildungsformate.
Die Ausstellung „Zukunft gestalten – Wie wollen wir leben?“ im Senckenberg Naturmuseum in Frankfurt a.M. informiert ja nicht nur über mögliche gesellschaftliche Veränderungen auf dem Weg zur Bioökonomie, sondern wird mit einer interaktiven Augmented Reality App erweitert. Was ist das und welche Rolle spielen digitale Formate für die Kommunikation und Partizipation in der Bioökonomie?
Die Augmented Reality App liefert zu ausgewählten Themen und Exponaten eine digitale Ergänzung, die es Interessierten ermöglicht, noch tiefer in die Materie einzutauchen. Dadurch sollen weitere Zielgruppen für das Thema begeistert werden. Die Erweiterung der Realität auf dem Bildschirm eröffnet neue Blickwinkel, die analog so nur schwer möglich wären. So kann man in der App die rasante Entwicklung der Plastikverschmutzung der Ozeane in direkter Verbindung zum Modell eines Pottwals erleben und Szenarien für die Landwirtschaft der Zukunft überlagern digital mit einem historischen Diorama der Ausstellung. Die App – die in Teilen wieder gemeinsam mit Jugendlichen entwickelt wurde – wird im Frühsommer 2020 nutzbar sein. Das Neue und Besondere an der Ausstellung ist, dass sie immer weiterwächst und sich verändert – es bleibt also spannend.