
© Futurium

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Wie versuchen Sie denn, unterschiedliche Zielgruppen zu erreichen und für das Thema Bioökonomie zu interessieren? Welche Formate und Methoden wenden Sie an?
David Weigend: Im Lab bieten wir verschiedene Formate an: Zuerst sind da die Schüler-Workshops, in denen Zukunft gestaltet und ganz praktisch gebastelt und programmiert wird. Weiter haben wir eigene Bildungsmaterialien, die Zukunftsboxen, für den Unterricht. Auch hier können die Schüler*innen spielerisch Zukunftsszenarien schaffen und selbst erfinden. Mit Hilfe von Methoden aus der Zukunftsforschung und dem Design-Thinking können Schüler*innen neue Konzepte für die Zukunft der Wirtschaft, der Arbeit, der Städte, der Energie und der Gesundheit entwickeln. Dafür müssen die Schüler*innen nicht einmal ins Futurium kommen. Die Materialien lassen sich kostenlos herunterladen und können in der Schule genutzt werden.
Außerdem gibt es den Open-Lab-Abend, zu denen wir Wissenschaftler*innen, Künstler*innen oder Designer*innen einladen. In diesem Jahr standen u. a. Themen wie Pilze und Bioplastik im Fokus. Die Kolleg*innen aus dem Veranstaltungsteam organisieren außerdem ein breites Programm von Diskussionsrunden, Abendveranstaltungen und Online-Formaten. Beispielsweise eine Diskussion zu Big Data mit Ranga Yogeshwar oder zur „Gegenwart und Zukunftsperspektiven der Bioökonomie“ mit der Politökonomin Maja Göpel, der Wirtschaftswissenschaftlerin Claudia Kemfert und der Journalistin Christiane Grefe. Und dann noch das Kneipenquiz, was jetzt zu Coronazeiten etwas schwierig ist. Vor Corona – kamen Menschen spontan zusammen und haben sich beim Bier kennenlernen. Das Quiz funktioniert aber auch digital. Durch die Fragen kommen die Menschen sofort ins Gespräch und tauschen sich gemeinsam über die Zukunft aus.
Dann haben wir noch die Machbar, zu der wir ‚ZukunftsMacherinnen‘ einladen, ihre Erfindung, ihre Umsetzung einer Idee oder ihr Anliegen vorzustellen. Da hatten wir auch mal jemanden von Fridays for Future da. Uns ist wichtig, dass das Spektrum breit und bunt ist und alle Stimmen zu Wort kommen. Beim Festival hatten wir auch einen Escape Room, Escape Game BioEconomyNow!, der gut angenommen wurde.
Und was genau ist im Denkraum Natur, dem Ausstellungsbereich zur Bioökonomie zu sehen?
Jasmin Minges: Im Denkraum Natur fragen wir grundsätzlich, wie wir es schaffen, unsere Bedürfnisse zu erfüllen, ohne die Natur noch mehr zu zerstören. Einerseits geht es darum, dass der Erhalt der Umwelt in unseren Entscheidungen eine größere Rolle spielen könnte, aber auch, was wir von der Natur lernen können. Zum Beispiel erklärt eine große Kugelbahn, wie wir künftig nach dem Vorbild von Kreislaufen Waren produzieren könnten. Spannend sind aber auch die künstlerischen Exponate, wie BIOTRICITY, bei dem die Künstler mit Schlammbatterien experimentieren. Oder unsere große Stadtcollage, bei der man viele verschiedene Zukunftsideen entdecken kann.
Könnt ihr daraus erste Erkenntnisse und vielleicht auch Empfehlungen für die Kommunikation von bioökonomischen Themen ableiten?
David Weigend: Bioökonomie ist als Begriff für viele Leute noch neu und nicht ganz klar definiert. Bioökonomie ist ja auch ein Sammelbegriff unter dem sich viele Konzepte vereinen. Unsere Erfahrung ist: Je schwammiger und breiter ein Thema ist, desto schwieriger lässt sich damit in Workshops arbeiten. Daher greifen wir meist Unterthemen heraus. Es ist einfacher einen Workshop zu Kreislaufwirtschaft, neuen Werkstoffen oder schnellwachsenden Hölzern zu machen. Uns ist dabei vor allem wichtig, dass die Menschen die Konzepte aus der Bioökonomie weiterdenken und weiterentwickeln. Wir wollen nicht den Status quo erklären, sondern das Potenziale für die Zukunft zeigen. So zeigen wir in der Ausstellung viele gute Ansätze mit einem großen Potential für die Zukunft. Wir sehen uns eher wie eine Sprungbrett für gute Ideen. Springen muss dann aber jede*r selbst.
Gab es auch Kritik an eurem Konzept?
David Weigend: Ja. Manche Besucher*innen sagen, wir wären zu oberflächlich und wünschten sich mehr Tiefe in der Ausstellung. Aber der breite Überblick ist Teil des Konzeptes. Wer in die Zukunft schauen möchte, muss den Horizont sehen. Die Zukunft ist offen und es ist nicht klar, wie die Welt in 50 Jahren aussehen wird. Daher sollten wir uns immer mit vielen unterschiedlichen Zukunftsoptionen beschäftigen. Wer im Futurium tiefer in ein Thema einsteigen möchte, kann eine der vielen Veranstaltungen und Workshops besuchen.
Welches Thema zur Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen und Bioökonomie interessiert dich persönlich besonders? Und fand das Einzug ins Futurium?
David Weigend: Wir sind im Lab totale Pilzfans. Pilzleder, Pilzsteine, Pilzverpackungen… Pilze sind wahre Materialkünstler. Dazu noch super nachhaltig und ressourcenschonend. Vor Corona hatten wir im Lab beispielsweise Pilzleder zum Anfassen. Das besteht aus Baumpilzen, ist aber super weich und flexibel.
Wir zeigen bei uns beispielsweise das Projekt Mind the fungi in Kooperation mit dem Institute of Biotechnology der TU Berlin und dem Art Laboratory Berlin. In dem Projekt haben Wissenschaftler*innen, Künstler*innen gemeinsam mit Bürger*innen neue Anwendungen für lokale Pilzsorten gesucht. So gab es im Projekt beispielsweise Waldspaziergänge in denen Leien und Experten einen neuen Blick auf die lokale Pilzwelt bekommen konnten.