© [bio’nd]

Im Gespräch mit Dr. Siegfried Behrendt

© Siegfried Behrendt

© [bio’nd]

© [bio’nd]

Im Rahmen des Wissenschaftsjahres 2020/21 – Bioökonomie realisiert das vom BMBF geförderte Projekt bio‘nd eine interaktive Veranstaltungsreihe zur Zukunft der Bioökonomie. Dahinter stecken das IZT – Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung, das Museum für Naturkunde Berlin und die Strategieagentur Ellery Studio. Wir haben mit Dr. Siegfried Behrendt, Forschungsleiter „Ressourcen, Wirtschaften & Resilienz“ am IZT, über Potenziale und Formate der Wissenschaftskommunikation gesprochen.

Sie sind Forschungsleiter im Bereich „Ressourcen, Wirtschaften & Resilienz“. Der Zusammenhang zwischen Ressourcen und Wirtschaften liegt auf der Hand, auch die Bedeutung der beiden Themen für die Bioökonomie, aber wie passt Resilienz dazu?

Resilienz ist bisher eine in der Nachhaltigkeitsdebatte vernachlässigte Strategie. Es geht darum, mit den Krisen und Verwerfungen der Zukunft angemessen und klug umzugehen. Im Vordergrund steht dabei die Frage nach der Widerstands-, Anpassungs- und Regenerationsfähigkeit von Gesellschaften angesichts komplexer und zunehmend unvorhersehbarer, auch von Menschen verursachter Risiken. Corona zeigt wie durch ein Brennglas die Vulnerabilität, Unsicherheit und Fragilität gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Systeme, die global hoch vernetzt sind. Sollen anstehende Transformationsprozesse zu klimaneutralen, ressourcenleichten, zirkulären und biobasierten Wirtschaftsformen, die bereits vielfach mit Umbrüchen und Disruptionen einhergehen, nicht gefährdet werden, sind Resilienzstrategien notwendig. Dies umfasst ein Horizon Scanning von möglichen Schocks, die Entwicklung von Stress-Tests und die Identifikation von Tipping Points, nicht nur um früh Krisen erkennen zu können, sondern auch, um die Widerstands-, Anpassungs- und Regenerationsfähigkeit von gesellschaftlichen Systemen zu erhöhen.

Im Rahmen Ihres Projektes bio‘nd führen Sie eine Dialogreihe zur Zukunft der Bioökonomie durch. Mit wem genau möchten Sie da in Dialog treten? An wen richtet sich die Veranstaltungsreihe?

Die Dialogreihe zur Zukunft der Bioökonomie ist eingebettet in das „Experimentierfeld für Partizipation und Offene Wissenschaft“ des Museums für Naturkunde Berlin. Das zentrale Ziel ist es, die Besucher des Museums darin zu unterstützen, die komplexen Zusammenhänge der Bioökonomie anhand von Beispielen aus ihren eigenen Lebenswelten zu überblicken und sich eine qualifizierte Meinung zu Entwicklungsmöglichkeiten, Problemfeldern und Visionen zu bilden. Die Veranstaltungen richten sich an verschiedene Zielgruppen der interessierten Öffentlichkeit: Kulturinteressierte, Jugendliche und Studierende aber auch an ein Fachpublikum aus Wissenschaft, Politik und Journalistik.

Welche Rolle spielen denn Dialog und Kommunikation für den Wandel hin zur Bioökonomie?

Bioökonomie ist kein fertiges Konzept, sondern wirft viele gesellschaftliche Fragen auf, die nicht nur von Expert*innen zu beantworten sind, sondern uns alle angehen. Wie müsste eine Bioökonomie aussehen? Was muss sich ändern? Wie kann eine nachhaltige Bioökonomie gelingen? Zur Klärung dieser Fragen spielen Dialog und Kommunikation zwischen Politik, Wirtschaft, Stakeholdern und der Bevölkerung generell eine zentrale Rolle. Dabei sollte es nicht nur vordergründig um Akzeptanz für technologische Innovationen gehen, sondern vor allem auch um die Klärung der Voraussetzungen, unter denen bioökonomische Innovationen global zu Wohlstand und sozialer Gerechtigkeit innerhalb planetarer Grenzen beitragen können. Dies beinhaltet auch den Ausstieg aus umweltschädlichen Praktiken der Agrar-, Forst- und Fischereiwirtschaft bis hin zur Abkehr von nicht nachhaltigen Konsum- und Ernährungsgewohnheiten.

Und welche Formate eignen sich dafür, ein solch komplexes Thema wie die Bioökonomie zu vermitteln und zu diskutieren?

Vorgesehen sind ein Kaffeeklatsch mit Wissenschaft, ein Zine-Workshop, ein Worldcafé, eine Schreibwerkstatt und ein Format, dass sich Spekulative Futures nennt. Abgeschlossen wird die Dialogreihe mit einer Finissage, auf der die in den verschiedenen Formaten entwickelten  Zukunftsbilder, Szenarien und Visionen, aber auch offene Fragen nochmals präsentiert und mit Expert*innen die Perspektiven der Bioökonomie diskutiert werden.

Funktionieren diese Formate auch digital? Gibt es da erste Erkenntnisse aus der Coronazeit?

Corona hat auch unsere Dialogreihe zur Zukunft der Bioökonomie erheblich durcheinandergebracht. Statt eines Auftaktes im Museum für Naturkunde in Berlin haben wir die Veranstaltung ins Web verlegt und im Format einer Videokonferenz durchgeführt. Die Resonanz war groß. Auch der Kaffeeklatsch mit Wissenschaft funktionierte digital sehr gut.  Da wir nicht wissen, ab wann wieder Präsenzveranstaltungen möglich sind, planen wir alle Veranstaltungsformate prinzipiell digital durchzuführen, vielleicht auch in hybriden Formen, also einer Kombination aus Präsenz und digitalen Formen der Kommunikation.

Wie sieht für Sie ganz persönlich die Bioökonomie der Zukunft aus?

Bioökonomie ist für mich nicht nur wissenschaftlich spannend, als Molekularbiologe und Politikwissenschaftler, sondern prägt auch persönlich meinen Alltag immer mehr beim Einkaufen, beim Wohnen, bei der Kleidung, bei der Ernährung und beim Tanken. Innovationen probiere ich gerne aus. Insekten als Eiweißquelle würde ich aber nicht essen wollen, Beyond Burger oder Lupineneis schon eher.

Vielen Dank für das Gespräch!

 

Anmerkung: Das IZT ist auch Projektpartner im Projekt „BioDisKo“ und darüber hinaus in vielen weiteren, spannenden Projekten zu den Themen Bioökonomie und Zukunft tätig – zum Beispiel in einem Projekt zur Klimaresilienten Stadt-Umland-Kooperation.