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Im Gespräch mit Erik Lohse

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Erdölfreies Plastik!
Das Spielzeug der Zukunft aus Zuckerrohr-Polyethylen, Maisstärke oder Industriehanf?

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Erik Lohse ist als Politikwissenschaftler bei der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) tätig. Hier leitet er das europäische Bioeconomy Awareness and Discourse Project (BioCannDo). Ziel des Projekts ist es, das Bewusstsein von Verbraucher*innen für biobasierte Produkte zu schärfen – Produkte, die ganz oder teilweise aus Biomasse bestehen. Dafür werden Kommunikations- und Bildungsmaterialien über die Bioökonomie und biobasierte Produkte entwickelt. Das BioDisKo-Team fragt nach.
Wo liegen deiner Meinung nach die Potentiale biobasierter Produkte?
Die Nutzung von Biomasse aus Land-, Forst- und Meereswirtschaft bietet einen Ausweg aus unserer Abhängigkeit von fossilen Ressourcen, die wir nach wie vor für viele ganz alltägliche Produkte benötigen. Die Hoffnung ist natürlich, dass ein Übergang von der fossilen Wirtschaft zu einer neuen Bioökonomie, auf der Grundlage nachwachsender Rohstoffe, Europa nachhaltiger machen wird. Auch neue Arbeitsplätze können durch diese neue Wirtschaftsform geschaffen werden.
Was sind die größten Herausforderungen für die Kommunikation biobasierter Produkte?
Viele Begriffe der Bioökonomie sind den Verbraucher*innen nicht bekannt; oft ist sogar unklar, was „biobasiert“ bedeutet und das kann schnell zu Missverständnissen oder Missdeutungen führen. Unser Eindruck ist, dass es zwar eine kleine Gruppe von Enthusiast*innen gibt, die aktiv biobasierte Produkte kaufen. Aber für viele Verbraucher*innen sind biobasierte Produkte nach wie vor ein Buch mit sieben Siegeln oder sie sind sich gar nicht bewusst, dass sie bereits heute biobasierte Produkte benutzen: Waschmittel sind hierfür sicherlich ein gutes Beispiel.
Wir haben festgestellt, dass bei einer Kaufentscheidung häufig die Funktionalität und der Nutzen im Vordergrund stehen, dabei spielt es keine Rolle, ob das Produkt biobasiert ist oder nicht. Darüber hinaus sind biobasierte Produkte, wie jedes neue Produkt, unter dem Druck, sich beweisen zu müssen. Die Verbraucher*innen wollen wissen, warum sie auf ein biobasiertes Produkt umsteigen sollten, wenn das herkömmliche, das sie bisher verwendet haben, gut funktioniert. Die Herausforderung in der Kommunikation besteht darin, transparent über die Eigenschaften und Potenziale biobasierter Produkte zu informieren ohne dabei falsche Erwartungen zu erzeugen. Die Tatsache alleine, dass ein Produkt biobasiert ist, wird jedoch die Wenigsten überzeugen.
Womit beschäftigst du dich in deiner Forschung?
Ein Ziel des Projektes ist es, klare und wissenschaftlich fundierte Botschaften über biobasierte Produkte zu entwickeln, die für ein breites Publikum leicht verständlich sind. Hierfür haben wir mehrere Fokusgruppen in verschiedenen europäischen Ländern organisiert. Wir haben mit Verbraucher*innen über ihre Erwartungen an Reinigungsprodukte, Dämmstoffe und Lebensmittelverpackungen gesprochen. Dadurch konnten wir die Ansichten der Verbraucher*innen direkt in die Entwicklung der Kernaussagen einbeziehen. Herausgekommen sind Botschaften, wie: „Biobasierte Reinigungsmittel: Verwendung nachwachsender Rohstoffe bei gleichem Reinigungsergebnis“ oder „Biobasierte Verpackungsmaterialien tragen zu umweltfreundlicheren Verpackungen bei, sind aber nicht automatisch nachhaltiger als fossile Verpackungsmaterialien“. Diese Kommunikationsbotschaften haben wir mit Hintergrundinformationen ergänzt und in Form von kurzen Factsheets zusammengefasst. Diese richten sich in erste Linie an andere Projekt und Initiativen, die über biobasierte Produkte informieren wollen.
Zudem findet man auf unserem Informationsportal AllThings.Bio zahlreiche Artikel und Informationen zur Bioökonomie und biobasierten Produkten. Dabei haben wir stets darauf geachtet, dass alle Formate einen klaren Fokus auf die Verbraucher*innenkommunikation setzen. Die Themen und die biobasierten Produkte über die wir berichten, sind sehr vielfältig und reichen von der Babywindel, über Sportgeräte, Schulmaterialien, Musikfestivals, Auswahl eines neuen Fußbodenbelags und vieles mehr.
Besonders erwähnen möchte ich unsere kurzen Videoclips, die wir speziell für die sozialen Medien entworfen haben. In den acht Videos wird jeweils ein biobasiertes Alltagsprodukt vorgestellt und wir beantworten die wichtigsten Verbraucher*innenfragen. Interessant sind auch unsere „Storytelling Kits“, die die Erwartungen und Ansichten von Verbraucher*innen und Expert*innen an biobasierte Produkte darstellen.
Häufige Fragen und Zweifel über biobasierte Produkte und Materialien haben wir aus Sicht der Konsument*innen in einer „Frage und Antwort“-Methode dargestellt, um möglichst klare Empfehlungen geben zu können. Diese Posts kamen bei den Leser*innen unserer Seite und in den Social-Media-Kanälen gut an.
Übrigens haben wir 10 Erfahrungen und Lehren aus unserer dreijährigen Projektlaufzeit in einer kurzen Broschüre zusammengefasst. Wir hoffen damit, anderen Projekten einige Anregungen geben zu können, wenn diese ihre eigenen Kommunikationsmaßnahmen planen.
Was sind die großen Potentiale, die hinter der Kommunikation mit Verbraucher*innen über das Thema Bioökonomie stecken?
Wenn man es geschafft hat, Verbraucher*innen zu erreichen und ihnen das Leitbild der Bioökonomie greifbar zu machen, kann man davon ausgehen, dass sich dieses Wissen teilt: Das heißt, dass das Bewusstsein zum Thema steigt und jeder und jede, die Kerngedanken der Bioökonomie seinen Nachbar*innen erklären könnte. Das sind unsere besten Botschafter. Unsicherheiten zu Begrifflichkeiten und Wissenslücken verringern sich. Mittels einer vielfältigen Kommunikation stehen zudem die Chancen hoch, dass die Verbraucher*innen das Interesse am Thema behalten und neugierig bleiben. Als äußerst hilfreich haben sich dabei unterschiedliche Ausstellungskonzepte erwiesen, bei den Verbraucher*innen biobasierte Produkte unmittelbar sehen, fühlen und nutzen können. Überzeugen wir die Konsument*innen von den Möglichkeiten der Bioökonomie, wird das auch dabei helfen, diesen Produkten zum Durchbruch zu helfen.
Wir danken dir für das Gespräch, Erik!
Kontaktdaten Erik Lohse
Tel.: +49 (0)3843/6930-250
Mail: e.lohse(bei)fnr.de