
© Martin Gora, WiD
Und gibt es auch Negativbeispiele, wie Wissenschaftskommunikation nicht funktioniert?
Wenn man kommuniziert, kann natürlich vieles schief laufen – gerade, wenn es um kontroverse Themen, um die Kommunikation von Risiken oder Unsicherheiten geht. Auch darüber tauschen wir uns mit der Wisskomm-Community aus. Ganz allgemein lässt sich sagen, dass eine gute und authentische Wissenschaftskommunikation nicht predigen sollte – sie versucht, mit Fakten, Argumenten und Transparenz zu überzeugen, und ist offen für Austausch und Kritik. Eine Frage, die wir uns in unserem Arbeitsalltag häufig stellen – aber das ist weniger ein Fehler als eine Baustelle –, lautet darüber hinaus: Wie können wir nicht nur Menschen erreichen, die sich ohnehin schon für Wissenschaft interessieren, sondern auch solche, die ihr gleichgültig oder kritisch gegenüberstehen?
Habt ihr aktuell Projekte zum Thema Bioökonomie und könnt schon erste Erkenntnisse berichten, wie sich ein solch komplexes Thema kommunizieren und ein informierter gesellschaftlicher Dialog fördern lässt?
Im Grunde ist jedes Thema komplex, da es ja auch die Wissenschaft insgesamt ist. Wir versuchen aber, uns durch den erwähnten Alltagsbezug mit interaktiven und manchmal auch spielerischen Formate dem Thema zu nähern. Im Wissenschaftsjahr 2020/21 vereinen wir diese Ansätze durch unsere Förderprojekte. In der Diskussionsreihe Wissenschaft kontrovers bringen wir Bürger*innen bundesweit direkt mit Forschenden ins Gespräch über Bioökonomie und gesellschaftliche Implikationen des ökonomischen Wandels. Der Hochschulwettbewerb zum Thema Bioökonomie gibt jungen Forschenden Gelegenheit, die gesellschaftliche Relevanz ihrer Arbeit aufzuzeigen. Hack your Fashion ist ein gemeinsames Projekt der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin und WiD. In Hackdays stellt es den gesellschaftlichen Austausch über biobasierte Mode und die gemeinsame Entwicklung neuer Lösungsansätze in den Mittelpunkt. Schließlich schicken wir gemeinsam mit dem Haus der Wissenschaft Braunschweig einen mobilen Escape Room auf Tour. Spielerisch werden dort gemeinsam Auswege aus der derzeitigen ressourcenfressenden Ökonomie gesucht.
Ihr kommuniziert ja nicht nur Wissenschaft, sondern fördert auch die Beteiligung von Bürger*innen an den Forschungsprozessen selbst. Kannst du uns mehr über diesen Ansatz erzählen?
Im Grunde wird dieser Aspekt bei unseren Formaten stets mitgedacht, da wir ja letztlich hoffen, mit dem ersten Interesse an Forschungsprozessen auch den Wunsch nach Beteiligung daran zu wecken. Ganz konkret aber findet dies natürlich auf unserer Citizen-Science-Plattform Bürger schaffen wissen, welche wir gemeinsam mit dem Museum für Naturkunde Berlin – Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung umsetzen, statt. Hinter diesem Projekt steht die Erkenntnis, dass man wissenschaftliche Methoden und Standards am besten versteht, wenn man sie selbst mitvollzieht – und natürlich, dass es Forschungsvorhaben gibt, die mit vielen Augen, Ohren und Händen am besten realisiert werden können. Ziel der Plattform ist es, den Ansatz der Bürgerwissenschaft in Deutschland zu verstetigen, die Akteure miteinander zu vernetzen und ihnen verschiedene Möglichkeiten zur Professionalisierung und Qualifizierung anzubieten. In 2020 untersucht das Projekt zudem, ob die Erwartungen und Wünsche erfüllt werden können, die mit Citizen Science in Bezug auf wissenschaftliche Qualität und gesellschaftliche bzw. individuelle Wirkungen verbunden werden.