Die Wissenschafts- und Kunstgalerie STUDIO ART in Berlin macht die Ergebnisse erlebbar © Anne Freitag / Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT
Welchen Einfluss hat der biotechnologische Fortschritt auf unser Leben und auf die Gesellschaft – heute und in der Zukunft? Dieser Frage widmet sich das Projekt »Farming the Uncanny Valley – MACHT NATUR«, das unter Mitarbeit des Fraunhofer UMSICHT neue Partizipationsformate entwickelt, um Bürger*innen, und Wissenschaftler*innen zum Thema Bioökonomie zusammenzubringen. Die interaktive Ausstellung mit zahlreichen Workshops zum Mitmachen läuft vom 13. August bis 11. September in Berlin und wird vom 13. bis 15. November auf dem Innovative Citizen-Festival in Dortmund zu erleben sein.
Das Wissenschaftsjahr 2020/2021 ist das Jahr der Bioökonomie. Die Welt steht vor neuen globalen Herausforderungen: Knapper werdende Ressourcen und Nutzflächen bei wachsender Weltbevölkerung, der Rückgang der Artenvielfalt und der Klimawandel erfordern eine Umstellung von bisherigen Wirtschaftsformen und Produktionsprozessen. Doch welche Auswirkungen haben biobasierte Innovationen auf Mensch und Natur? Ziel des Projekts und der Ausstellung ist es, einen Diskursraum zwischen Bürgerinnen und Bürgern und der Wissenschaft zu schaffen, in dem jeder eigene Standpunkte zu Innovationen, Potenzialen und Risiken der Bioökonomie entwickeln kann.
Das Projektteam führte im vergangenen Jahr Workshops an verschiedenen Orten in Deutschland durch. Eingesetzt wurden designbasierte und wissensvermittelnde Methoden, um das Nachdenken über eigene Werte, Einstellungen und persönliche Akzeptanzgrenzen zu unterstützen. Im Zentrum der Workshops stand die Auseinandersetzung mit dem »Unheimlichen«, dem eigenen Unbehagen gegenüber neuen Themen in der Bioökonomie und den damit verbundenen Ambivalenzen. Im Dialog zwischen Designer*innen und Wissenschaftler*innen, die die Entwicklung von Biotechnologie vorantreiben, wurden fünf Themenfelder der Bioökonomie identifiziert, die sich hinsichtlich des verhandelten Gegenstands, ihres Lebensweltbezugs und ihrer Zukunftsperspektive unterscheiden: Insekten, Kulturpflanzen, Landwirtschaft, Boden und Luft.
Prozess der Selbstreflexion zu Bioökonomie unterstützen
Das Fraunhofer UMSICHT war zusammen mit der Universität der Künste für die Entwicklung der sogenannten »Wissensbausteine« zuständig, die in den Workshops thematisiert und als Angebot für einen Diskurs bereitgestellt wurden. »Im Anschluss haben wir gemeinsam mit der YOUSE GmbH alle Workshops mithilfe der Grounded Theory ausgewertet. Diese induktive Methode bot uns die Möglichkeit, alle Gesprächsrunden, geschriebenen Texte und Interviews offen zu analysieren und zu interpretieren, um das Ohr ganz nah an den Gedanken der Workshopteilnehmenden zu haben. Aus den vielen Kategorien, Mustern und Konzepten haben wir am Ende ein prägnantes visuelles Modell entwickelt, was als zukünftige Grundlage für einen Diskurs zur Bioökonomie genutzt werden kann. Es ist anschlussfähig an den wissenschaftlichen Diskurs und unterstützt gleichzeitig den Prozess der eigenen Selbstreflexion«, sagt Sabrina Schreiner, Projektleiterin beim Fraunhofer UMSICHT. »Unser visuelles Modell ist Teil der Ausstellung, kann aber auch als Poster mit nach Hause genommen werden: Damit man in Ruhe nach dem Ausstellungsbesuch weiter über die Themen nachzudenken kann.«
Ausstellung für alle Sinne
Die Ausstellung MACHT NATUR präsentiert Ergebnisse aus neun Workshops, die 2019 im Rahmen des dreijährigen Forschungsprojekts »Farming the Uncanny Valley« realisiert wurden. Eigens für diese Workshops wurden Orte im ländlichen und städtischen Raum ausgewählt und inszeniert, um Widersprüche zwischen unserem Verständnis und dem Umgang mit Natur aufzudecken. Beispiele aus der aktuellen Forschung wurden in Szenerien übersetzt, um Aspekte für ein zukünftiges Leben mit Bioökonomie in der Lebenswelt erfahrbar und diskutierbar zu machen. Die Ausstellung zeigt, wie sich Teilnehmer*innen diesen Szenerien näherten und eigene Positionen dazu entwickelten.
MACHT NATUR ist eine Ausstellung zum Mitmachen und Anfassen, die alle Sinne anspricht. Die Ausstellung versteht sich als lebendiges Labor: Auf einer Reise durch bekannte und unbekannte Erfahrungsräume können Besucher*innen sich rund um die Themenbereiche Insekten, Pflanzen, Boden und Luft informieren, reflektieren und experimentieren. Vorbei an Hydrokulturpflanzen und Gewächshäusern, durch Moskitonetze und Nebelschwaden werden mögliche Zukünfte von Mensch, Natur und Technik neu verhandelt. Auf knapp 300 Quadratmetern werden in begehbaren Installationen die Szenerien der Workshop-Orte erlebbar. Anhand von Kurzfilmen, Alltagsbeispielen und Zukunftsbildern können Besucher*innen spielerisch in unterschiedliche Sichtweisen eintauchen.
Die zentralen Ergebnisse des Forschungsprojekts »Farming the Uncanny Valley« werden zudem online zugänglich gemacht sowie in einer umfangreichen Publikation vertieft.
Quelle und Programm unter: https://www.pressebox.de/pressemitteilung/fraunhofer-institut-fuer-umwelt-sicherheits-und-energietechnik-umsicht/Interaktive-Ausstellung-Neuer-Diskurs-zu-Biooekonomie-und-Biotechnologie/boxid/1012314