Lignin ist ein Stoff, der sich in allen verholzten Pflanzen wiederfinden lässt. In der Industrie versucht man mithilfe dieses Stoffes, Produkte auf Basis von fossilen Rohstoffen zu substituieren – im besten Falle sogar durch Lignin aus Abfallprodukten.
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60 Milliarden Tonnen Biomasse wachsen jährlich heran und sollen neben Nahrung, Kleidung und Energie auch alltäglich Produkte, die bisher aus Erdöl produziert werden, ersetzen. Wie genau dieser Prozess gelingen kann und dabei am besten noch Produktkreisläufe schließt, wird in vielen Branchen erforscht.
Neue Materialien aus Abfällen
Erdgas und Kohle sind Materialien, die durch Jahrmillionen andauernde Einlagerungsprozesse entstanden sind. Auch in der Industrie und Wirtschaft sind sie seit Jahren fester Bestandteil und diese Tradition muss – soweit der Nachhaltigkeitsgedanke – gebrochen werden. Fossile Rohstoffe sollen durch jährlich frisch produzierte Biomasse ersetzt werden, doch wie genau kann das funktionieren? Eine Bioökonomie macht nur dann wirklich Sinn, wenn die verwendeten, pflanzlichen und tierischen Ausgangsprodukte in einen Kreislauf gelangen und im besten Falle kein Abfall entsteht. So zum Beispiel bei der Firma Lignopure: Aus Abfällen von Bioraffinerien oder Papierfabriken wird Lignin gewonnen, ein Pflanzenstoff, der die Cellulosefasern der Pflanzen zusammenhält und aus dem beispielsweise Klebstoffe oder lederartige Materialien hergestellt werden können. Ein Stoff, der also bisher nur verbrannt wurde, bekommt einen neuen Zweck und ist zudem 100 Prozent biologisch und biologisch abbaubar. Greift man auf bereits vorhandene Rohstoffe zurück, kann auch auf die Freischaffung von weiterem Ackerland verzichtet werden.
Mikroorganismen im Kampf gegen den Klimawandel
Die Chancen der Bioökonomie hören aber nicht bei pflanzlichen Rohstoffen auf. Enzyme können Plastikabfall in seine Einzelteile zerlegen, Hefe kann von Mikroorganismen in reißfeste Chirurgenfäden umgewandelt werden. Insgesamt müssen eine ganz neue Herangehensweise und Erschließung von Ressourcen gedacht werden. Vor allem Agrarreste können eine große Rolle spielen, wie die Firma Bio-lutions beweist, bei der eben diese Abfälle in marktwirtschaftliche Verpackungen umgewandelt werden, die in ihrer Herstellung mit den Kosten von herkömmlichen Plastikverpackungen mithalten können.
Über Grenzen sprechen
Am deutlichsten wird die Frage nach der Zukunft einer nachhaltigen Bioökonomie beim Thema Konsum: Die Gesellschaft kann die bisherigen Güter, die aus fossilen Rohstoffen hergestellt werden, nicht ein zu eins ersetzen, denn dafür existiert effektiv nicht genug Agrarfläche, um alle bisherigen Nutzungsansprüche zu decken. Ein Viertel der 60 Milliarden Tonnen Biomasse nutzt der Mensch bereits für Nahrung, Biorohstoff und Tierfutter. Insgesamt muss man sich dem eigenen Verbrauch und Konsum stellen: Würde der Menschbeispielsweise weniger Fleisch essen, gäbe es mehr Ackerfläche für Energiepflanzen. Nachhaltig kann die Bioökonomie nur sein, wenn der Naturschutz in der (Agrar-)Politik mitbedacht wird.
Die neuen Ansätze, wie Abfallverwertung von nachwachsenden Rohstoffen und eine Kreislaufwirtschaft, müssen auch auf einer organisatorischen Ebene beantwortet werden. Gibt man Grünflächenämtern beispielsweise eine Vergütung für gesammelten Grünschnitt und Laubabfall, anstatt Kosten für die Verbrennung zu veranschlagen, muss der Abfall gelagert und gesammelt werden – und dies gilt ebenso im kleinen Stile, wie bei Speiseabfällen in der Gastronomie, aber auch im großen Stile, wie bei den in der Landwirtschaft anfallenden Reststoffen.
Autorin: eileen.winkendick@kwi-nrw.de