Bild: Jochen Goedecke
Wildpflanzenmischungen stellen einen ökologisch wichtigen Beitrag der Bioökonomie dar.
Mais ist und bleibt einer der bedeutendsten Energielieferanten, wenn es um Biogasanlagen geht. In Baden-Württemberg sind derzeit etwa 950 Anlagen in Betrieb, der Strom wird hauptsächlich aus Mais bezogen.
Aber Insektensterben, Monokulturen, Abnahme der Feldvögel und der Verlust der Biodiversität: Mit dem bisherigen Anbau von Mais gehen eine Vielzahl von ökologischen Risiken einher, die mehr und mehr diskutiert werden. Unter anderem bei einer Fachtagung, die am 12. März durch den NABU Baden-Württemberg und der Universität Hohenheim in Stuttgart zusammenkam.
„Biodiversität für Biogasanlagen – naturverträgliche Alternativen zum Maisanbau“
Lautet das NABU-Projekt, dessen Ergebnisse bei der Tagung vorgestellt wurden. Hierbei konnte im Zuge der Fachtagung der ökologische Nutzen von Wildpflanzenarealen als sinnvolle Ergänzung betont werden. „Mehrjährige Wildpflanzenmischungen sind als Substrat für Biogasanlagen aufgrund ihrer ökologischen Leistungen besonders hervorzuheben. Deshalb engagieren wir uns für das Wissen und die Aussaat von Wildpflanzenmischungen in Baden-Württemberg und unterstützen das Modellvorhaben des NABU Landesverbandes mit rund 47.000 Euro“, so Karl-Heinz Lieber, stellvertretender Geschäftsführer der Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg.
Ein Beitrag für die Bioökonomie
„Wo es am Ertrag fehlt, punkten die Wildpflanzen mit ihren Ökosystemleistungen. Durch den erfolgreichen Anbau der Wildpflanzenmischungen kann gleichzeitig ein Beitrag zur Artenvielfalt, zur Bereicherung des Landschaftsbildes, zum Schutz vor Bodenerosion sowie zur Entwicklung ökologisch nachhaltiger Bioökonomie-Strategien geleistet werden.“, zog Moritz von Cossel, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachgebiet Nachwachsende Rohstoffe der Universität Hohenheim als Fazit.
Die Vorteile sind aus ökonomischer Sicht vielleicht nicht direkt ersichtlich, ein ökologischer Gewinn ist jedoch deutlich erkennbar: „Wilde Malve, Flockenblume, Eibisch und weitere Wildpflanzen bleiben in der Energiebilanz hinter Mais zurück, doch sie haben andere Vorteile“, klärt NABU-Landwirtschaftsreferent Jochen Goedecke in der Fachtagung auf. „Trotz der niedrigeren Erträge im Vergleich zum Mais haben die Wildpflanzenmischungen ihre Berechtigung. Neben den Insekten, Vögeln und dem Niederwild profitieren auch der Boden und das Grundwasser von dieser Blütenpracht.“ Im NABU-Projekt begleitete der über 18 Monate hinweg den Anbau verschiedener Wildpflanzenmischungen und stand im Austausch mit Landwirten.
Vorteile in der Landwirtschaft – Zwischen Ökologie und Ökonomie
Betrachtet man die Beimischung solcher Wildpflanzen weniger theoretisch und geht in die eigentliche Praxis der Landwirtschaft ein, zeigen sich auch hier Vorteile: Landwirt Markus Frick aus Kißlegg konnte berichten, dass sich Wildpflanzen gut in den betrieblichen Ablauf integrieren ließen, im Gegensatz zu Mais weniger Dünger, keinen Pflanzenschutz und weniger Zeit für die Bewirtschaftung bräuchten. Bei der Silage ließen sich Mais und Wildpflanzen problemlos gemeinsam vergären, erläuterte Jörg Messner, Biogasberater des Landwirtschaftlichen Zentrums Baden-Württemberg. Durch diese Eigenschaft kann eine Balance zwischen Ökonomie und Ökologie gehalten werden: Trotz des geringeren Ertrags können so Mischungen aus bis zu 30 einheimischen Pflanzen als Energielieferanten etabliert werden.
Auch in sogenannten Grenzertragsstandorten können Wildpflanzen ihr Potential ausspielen. NABU-Projektleiter Jochen Goedecke zeigte auf, dass Wildpflanzen auch für kleinere, schwer erreichbare Äcker und Flächen eine echte Alternative darstellten: Sie sind robust, kommen mit Wetterextremen wie Hagel zurecht und sind für Wildschweine uninteressant.“
Hintergrund: Projekt „Biodiversität für Biogasanlagen – naturverträgliche Alternativen zum Maisanbau“:
Im NABU-Projekt „Biodiversität für Biogasanlagen – naturverträgliche Alternativen zum Maisanbau“ erprobten Landwirte über 18 Monate hinweg eine Alternative zum Anbau von Biogas-Mais. Drei Betriebe testeten in dieser Zeit mehrjährige Wildpflanzenmischungen. Workshops und Feldexkursionen führten vorhandene Praxiserfahrungen für Landwirtinnen und Landwirte zusammen. Vermittelt wurde dabei Know-how zu Anbau, Ernte und Naturschutzeffekten von Wildpflanzenmischungen sowie zur naturverträglichen Bewirtschaftung.